Was für Beispiele für ungerechte Steuernachlässe gibt es?
1. Begünstigung von Kapitaleinkommen gegenüber Arbeitseinkommen
Abgeltungssteuer (Flat Tax auf Kapitalerträge): In vielen Ländern, einschließlich Deutschland, werden Einnahmen aus Kapital (Zinsen, Dividenden, Veräußerungsgewinne) pauschal mit einem niedrigeren Satz besteuert (z.B. mit der Abgeltungssteuer von ca. $25\%$ in Deutschland) als Arbeitseinkommen, das dem progressiven Einkommensteuertarif unterliegt und bis zum Spitzensteuersatz von über $40\%$ reichen kann.
Kritik: Dies bevorteilt Vermögende, deren Einkommen hauptsächlich aus Kapital stammt, während Gering- und Normalverdiener ihr Einkommen fast ausschließlich durch Arbeit erzielen und dadurch im Verhältnis stärker belastet werden.
2. Steuerliche Privilegien für Unternehmen und Vermögen
Erbschaftsteuer-Ausnahmen für Betriebsvermögen: Große Erbschaften von Unternehmen und Betriebsvermögen sind oft mit erheblichen Steuerbegünstigungen oder Befreiungen verbunden, um Arbeitsplätze und den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.
Kritik: Dies führt dazu, dass sehr hohe Vermögen de facto kaum besteuert werden, während private Erben kleinerer Vermögen oder Immobilien voll zur Kasse gebeten werden. Es wird oft als massives Schlupfloch für Superreiche angesehen.
Nutzung internationaler Steuerschlupflöcher (Tax Avoidance): Multinationale Konzerne können durch komplexe Gewinnverschiebungen und die Nutzung von Steueroasen ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagern, was zwar oft legal ist, aber zu einer sehr geringen Besteuerung im Vergleich zu nationalen kleinen und mittleren Unternehmen führt.
3. Steuerliche Förderung von "Luxusgütern" oder nicht-sozialen Zielen
Steuerliche Behandlung bestimmter Dienstwagen: Die Förderung von teuren E-Fahrzeugen (E-Autos der Oberklasse) als Dienstwagen durch Steuervorteile kann kritisiert werden, da sie hauptsächlich Gutverdiener und Unternehmen begünstigt und der ökologische Nutzen von teuren, schweren Fahrzeugen fragwürdig ist.
4. Ehegattensplitting
Funktionsweise: Beim Ehegattensplitting werden die Einkommen beider Ehepartner addiert und dann halbiert. Auf dieses rechnerische halbe Einkommen wird die Steuer berechnet und dann verdoppelt.
Kritik: Dies führt zu einem großen Steuervorteil, wenn die Einkommen der Partner sehr unterschiedlich sind (oft der Mann Hochverdiener, die Frau Gering- oder Nichtverdienerin). Kritiker sehen darin eine steuerliche Subventionierung des Alleinverdiener-Modells, was Frauen davon abhalten kann, eine Vollzeitstelle anzunehmen oder ihre Arbeitszeit aufzustocken. Es wird als ungerecht gegenüber unverheirateten Paaren und Ein-Eltern-Haushalten betrachtet.
5. Umsatzsteuer-Ausnahmen
Reduzierte Umsatzsteuersätze: Es gibt viele Ausnahmen vom regulären Mehrwertsteuersatz (z.B. $7\%$ statt $19\%$).
Kritik: Viele dieser Ausnahmen sind historisch gewachsen oder dienen speziellen Interessengruppen, anstatt konsequent das Gemeinwohl zu fördern. Ein oft genanntes Beispiel ist der ermäßigte Satz für bestimmte Lebensmittel oder kulturelle Güter. Die Wirksamkeit für eine gerechte Entlastung Geringverdiener wird bezweifelt, da auch Gutverdiener davon profitieren.
Diese Beispiele werden oft in Debatten um Steuergerechtigkeit genannt, wobei argumentiert wird, dass das gesamte System die Leistungsfähigkeit der Bürger nicht gleichmäßig berücksichtigt.
Möchten Sie mehr darüber erfahren, welche Vorschläge zur Schließung dieser Steuerlücken diskutiert werden?
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