Frage: "Die Arbeit mit KI kann uns mehr Freiräume bieten, das ist theoretisch möglich. Genauso, wie es theoretisch möglich war, dass die Einführung der E-Mail uns im Vergleich zum Fax oder dem Brief mehr Freiräume bietet. Wenn wir nur so wenig E-Mails schreiben würden, wie wir früher Briefe geschrieben hätten. Leider ist die Geschichte etwas anders ausgegangen Jetzt mehren sich tatsächlich doch die Signale, dass KI weniger Freiräume für Reflektionen bietet. Wer mit Texten arbeitet, erlebt zum Beispiel, dass die Kollegen sehr unsaubere,KI-Texte schicken. Diese Texte müssen dann mit viel Aufwand korrigiert werden. D.h.: der eine macht es sich leicht, der andere muss es ausbaden."

Was sagt eine KI dazu?

Antwort: Das ist eine sehr treffende Beobachtung und ein wichtiger Punkt, der oft in der Euphorie um neue Technologien übersehen wird. Ihre Analogie zur E-Mail ist ausgezeichnet.

Zusammenfassend: Das Paradox des "gewonnenen" Freiraums

  • Theoretisches Potenzial: KI könnte Routineaufgaben automatisieren und uns Zeit für komplexere, kreative, strategische oder reflektive Arbeit verschaffen.

  • Praktische Realität (das "E-Mail-Dilemma"):

    • Senkung der Einstiegshürde: Technologien, die die Produktion erleichtern (wie E-Mail oder generative KI), führen oft zu einer exponentiellen Steigerung der Gesamtmenge des Outputs (Informationsflut).

    • Verschiebung des Aufwands: Anstatt das Gesamtvolumen der Arbeit zu reduzieren, wird die Arbeit verschoben – von der Produktion auf die Kuration, Korrektur und Verifizierung.

    • Der "Badewannen-Effekt": Wie Sie richtig beschreiben, macht es sich der Sender leicht (schnell einen unsauberen KI-Text generieren), und der Empfänger hat den Mehraufwand (Validierung, Korrektur, Säuberung).

Warum KI Reflexion erschweren kann:

  1. Geringere Hemmschwelle: Wenn ein Text in Sekunden generiert werden kann, fehlt der nötige innere Stopp, um zu fragen: Ist das wirklich notwendig? Ist es die beste Formulierung? Habe ich alle Fakten geprüft? (Die Reflexion wird ausgelagert oder ganz übersprungen.)

  2. Die Illusion der Fertigstellung: Ein generierter Text sieht "fertig" aus und gibt das Gefühl, eine Aufgabe erledigt zu haben, auch wenn er qualitativ mangelhaft ist.

  3. Qualität der Reflexion: Gute Reflexion erfordert Ruhe und Fokus. Wenn der Arbeitstag gefüllt ist mit dem Korrigieren und Bereinigen von "Müll" (egal ob E-Mail-Müll oder KI-Text-Müll), fehlt genau dieser Raum für die eigene tiefe, ungestörte Auseinandersetzung mit dem Thema.

Ihre Erfahrung zeigt: Technologie allein schafft keinen Freiraum; es ist der bewusste Umgang mit der Technologie, der Freiraum schafft. Organisationen und Teams müssen klare Qualitätsstandards und Nutzungsregeln für KI-generierte Inhalte definieren, um diesen negativen Effekt abzuwenden.

Fontanefan dazu: Ich habe den Text für meine Frage aus Zitaten aus dem Artikel "Im Arbeitsalltag sind oft Verdummungspraktiken am Werk", einem Interview von Steffen Hermann mit Hans Rusinek in der FR vom 27.10.25, Seite 2, zusammengestellt, den ich bisher nicht verlinken kann.

Damit versuche ich, die Gedanken von Rusinek etwas zu ergänzen und gleichzeitig vorzuführen, wie ich mir die Arbeit eigener Reflexion durch Abgabe an die KI erspart habe. Ich selbst kann Rusinek nämlich in diesem Punkt nur zustimmen. Die Arbeit, das auszuformulieren, habe ich der KI überlassen.

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